Informationen zu den Untertage-Verlagerungen
Während des Zweiten Weltkriegs sah sich das nationalsozialistische Regime zunehmend gezwungen, kriegswichtige Produktionsstätten vor alliierten Luftangriffen zu schützen. Eine der zentralen Maßnahmen war die sogenannte Untertage-Verlagerung, bei der Rüstungsproduktion in unterirdische Stollen, Tunnel oder neu geschaffene Bunkeranlagen verlegt wurde. Diese Projekte wurden systematisch organisiert und in mehrere übergreifende Programme gegliedert, von denen einige besonders hervorstachen.
Die Untertage-Verlagerungen waren in mehr als vier Programme unterteilt. Die bekanntesten und bedeutendsten davon waren das Geilenberg-Programm und das Jäger-Programm, welche eine herausragende Rolle in der strategischen Rüstungsplanung einnahmen. Darüber hinaus gab es weitere Programme mit spezieller Zielsetzung, die nach den jeweiligen Leitern oder Funktionsbereichen benannt wurden.
Die Programme mit oberster Priorität waren:
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Jäger-Programm: Konzentrierte sich auf die Verlagerung der Produktion von Jagdflugzeugen in unterirdische Anlagen. Es galt als das wichtigste Einzelprogramm der U-Verlagerungen, da die Luftherrschaft im Kriegsverlauf zunehmend entscheidend wurde.
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V-Waffen-Programm: Beinhaltete die Fertigung der sogenannten „Vergeltungswaffen“ V1 und V2, wie z. B. im berüchtigten Stollenwerk Mittelwerk Dora in Nordhausen, wo Zwangsarbeiter unter unmenschlichen Bedingungen Raketen herstellten.
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Kessler-Programm: Dieses war vor allem auf die Reichsbahn bezogen und zielte darauf ab, Transport- und Nachschubwege für die militärische Logistik durch unterirdische Infrastrukturen zu sichern.
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Geilenberg-Programm: Benannt nach SS-Gruppenführer Edmund Geilenberg, konzentrierte sich dieses Programm auf die Sicherung und Wiederherstellung der deutschen Treibstoffversorgung, insbesondere durch unterirdische Raffinerien und Lagerstätten.
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Reparatur-Programme: Diese Programme dienten der schnellstmöglichen Instandsetzung beschädigter Produktionsstätten und Infrastruktur und beinhalteten auch teilweise die Auslagerung in Untertagebereiche.
Neben diesen priorisierten Programmen existierten noch weitere, die weniger Ressourcen und Aufmerksamkeit erhielten. Diese wurden, metaphorisch gesprochen, auf die „Ersatzbank“ gesetzt. Dazu gehörten:
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Panzer-Programm: Diente der Verlagerung der Panzerfertigung, hatte aber nicht die gleiche strategische Dringlichkeit wie die Luftwaffe.
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Saur-Programm: Unter Leitung von Karl-Otto Saur, einem engen Mitarbeiter von Albert Speer, widmete sich dieses Programm allgemeinen Rationalisierungen in der Rüstungsproduktion und unterstützte teilweise auch Untertageverlagerungen.
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Infanterie-Programm: Diente der Produktion von Infanteriewaffen, Munition und Ausrüstung, spielte aber angesichts der hohen Luftkriegsintensität eine untergeordnete Rolle bei den Verlagerungsstrategien.
Übersicht über die wichtigsten U-Verlagerungsprogramme:
Programm | Zielsetzung |
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Geilenberg-Programm | Schutz der Treibstoffproduktion durch unterirdische Raffinerien |
Jäger-Programm | Verlagerung der Jagdflugzeugproduktion |
Kessler-Programm | Schutz der Reichsbahn und Transportinfrastruktur |
Saur-Programm | Effizienzsteigerung und Verlagerung diverser Rüstungsproduktionen |
Diese Programme führten zur Errichtung hunderter unterirdischer Produktionsstätten – sogenannte U-Verlagerungen (U = untertage) – in ganz Deutschland und den besetzten Gebieten. Viele davon wurden nie vollständig fertiggestellt, andere sind bis heute als Ruinen, Höhlen oder verbunkerte Anlagen erhalten. Zahlreiche dieser Orte waren Schauplätze schwerer Zwangsarbeit und zählen heute zu den dunklen Mahnmalen der deutschen Geschichte.
Die verschiedenen U-Verlagerungsprogramme
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