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Untertage-Verlagerung Güster B

 

Die frühere Untertage-Verlagerung „Güster“ existierte in zwei Ausführungen: Güster B und Güster L. Das Rüstungsamt des Deutschen Reiches vergab den Decknamen doppelt, weshalb zur Unterscheidung jeweils ein Zusatzbuchstabe ergänzt wurde. Güster B bezeichnete die Anlage im Raum Braunfels bei Burgsolms, die in einem Gebiet des Eisenerzbergbaus lag. Güster L stand hingegen für die Verlagerung beim Ort Langhecke, wo Schieferbergbau betrieben wurde. Beide Standorte befanden sich im nordhessischen Raum, eingebettet in das heutige Hessische Bergland, eine Mittelgebirgsregion, die besonders durch den an Bodenschätzen reichen Lahn-Dill-Kreis geprägt ist. Das Gebiet ist geologisch durch devonische und karbonische Schiefer-, Eisenstein- und Kalkformationen charakterisiert und seit Jahrhunderten vom Bergbau bestimmt.

Die Untertage-Verlagerung Güster B trug zusätzlich den Decknamen „Trilobit“. Dieser Begriff stammt aus der Paläontologie und bezieht sich auf die Trilobiten, ausgestorbene Meereslebewesen, die nur noch in versteinerter Form vorkommen und etwa 251 Millionen Jahre zurückliegen. Die Bezeichnung „Trilobit“ bezog sich auf die geplanten untertägigen Hallen im Stollen Gut Glück, die jedoch nie fertiggestellt wurden. Aus diesem Grund bleibt in der historischen Betrachtung die ursprüngliche Tarnbezeichnung Güster B maßgeblich.

Das Bergwerk Gut Glück wurde im Jahr 1853 dem Fürsten Ferdinand zu Solms-Braunfels verliehen. Der Abbau umfasste Eisenstein, Alaun, Mangan und Vitriol und bestand zunächst aus vielen kleinen Gruben. Im Jahr 1859 wurden 36 Grubenfelder konsolidiert und zur Grube Gut Glück zusammengeführt, die sich großflächig nördlich und westlich von Braunfels bis hinunter zur Lahn erstreckte. Am 1. November 1906 verkaufte Fürst Ferdinand die Anlage an Friedrich Krupp aus Essen. Zwischen 1860 und 1910 wurden Erze und Salze über den sogenannten Alsenstollen gefördert, bis die Lagerstätten erschöpft waren. Ein im Jahr 1922 neu angesetzter Stollen wurde bereits nach kurzer Zeit aus wirtschaftlichen Gründen wieder aufgegeben.

Erst 1936 wurde ein neuer Gut Glück-Stollen vorgetrieben, der eine Länge von 707 Metern erreichte. Da zunächst keine ergiebigen Lagerstätten gefunden wurden, trieb man 1939 einen 520 Meter langen Querschlag vor, der schließlich eine wirtschaftlich nutzbare Lagerstätte von Flusseisenstein erschloss. Bis 1943 wurden hier rund 75.000 Tonnen Eisenstein gefördert. Mit der Erschöpfung dieser Lagerstätte kam der Betrieb für etwa ein Jahr zum Erliegen, bevor das Rüstungsamt erneut Interesse an der Anlage zeigte.

Im Spätsommer 1944 wurde das Bergwerk vom Reichsministerium für Rüstung und Kriegswirtschaft (RMfRuK) als potenzieller unterirdischer Produktionsstandort beschlagnahmt und erhielt den Decknamen Güster B (Baunummer 1084; Güster L besaß die Nr. 1067). Der Name „Güster“, ursprünglich ein Fisch, passte symbolisch gut zu einer Eisenerzgrube im wasserreichen Lahn-Dill-Gebiet. Vorgesehen war die Verlagerung der Firma Michael Kämpf aus Frankfurt am Main, die vor dem Krieg Druckmaschinen für Banknoten herstellte, während sie im Krieg Teile für den Panzerbau sowie Peilvorrichtungen für das Jägerprogramm produzierte. Als kriegswichtiger Betrieb hatte sie Anspruch auf einen bombensicheren Produktionsstandort. Die unterirdischen Hallen, unter dem Decknamen „Trilobit“, sollten im Februar 1945 fertiggestellt werden.

Ab Dezember 1944 arbeitete die Organisation Todt unter Hochdruck am Ausbau der geplanten Hallen, die eine Höhe von 10 und eine Breite von 22 Metern erreichen sollten. Zu diesem Zeitpunkt trafen bereits die Maschinen und Arbeiter der Firma Kämpf bei Burgsolms ein, doch der unterirdische Standort war keineswegs bezugsfertig. Während die OT weiter am Ausbau arbeitete, verlegte die Firma Kämpf ihre Produktion notdürftig in die Wälder vor dem Stollen. Auf drei Ebenen entstand ein provisorisches Waldwerk mit rund 2.500 m² übertägiger Produktionsfläche, auf der ab Ende Dezember 1944 trotz Winterbedingungen die Herstellung von Panzerbauteilen begann.

Neben deutschen Facharbeitern waren zahlreiche junge russische Zwangsarbeiter eingesetzt. Einer von ihnen berichtete später, dass sie bei Bombenangriffen Schutz im Stollen suchten und von der OT (Organisation Todt) unbehelligt blieben. Da die geplanten unterirdischen Hallen jedoch bis Kriegsende nicht fertiggestellt wurden, blieb die sogenannte Untertage-Verlagerung de facto eine übertägige Notverlagerung.

Heute sind im Gelände noch Reste dieser provisorischen Wald-Verlagerung sichtbar, darunter Mauerwerksfragmente und Fundamentreste. Das Stollenmundloch des Gut Glück-Stollens ist ebenfalls erhalten, jedoch nach wenigen Metern stark verbrochen, sodass die geplanten untertägigen Hallen nicht mehr befahrbar sind. Die Umgebung des Bergwerks zählt heute zu den beliebten Wandergebieten im Hessischen Bergland, das geprägt ist von dichten Wäldern, mittelalterlichen Ortschaften, zahlreichen ehemaligen Gruben und einer langen bergbaulichen Tradition im Lahn-Dill-Kreis.