St. Johannes Deesbach
Altbergbau auf Schiefer und Eisenerz im Thüringer Schiefergebirge
Während einer Wanderung durch den eindrucksvollen Thüringer Wald stießen wir eher zufällig auf ein kleines Relikt des historischen Bergbaus: die Grube Johannes, deren Anfänge bis in das Jahr 1716 zurückreichen. Damals wurde das Bergwerk erstmals urkundlich erwähnt. Eine weitere Nennung aus dem Jahr 1738 beschreibt einen Griffelschieferbruch, in dem ungewöhnlich feiner, tiefschwarzer Schiefer direkt an der Oberfläche anstand. Diese besondere Schieferqualität war in dieser Region eher untypisch, doch ein kleines Flöz dieses dunklen Materials erreichte hier die Tagesoberfläche und führte zur Anlage eines ersten kleinen Tagebaus. Wer den Schieferbruch ursprünglich betrieb, lässt sich heute nicht mehr eindeutig feststellen. Klar ist jedoch, dass der Abbau auf Griffelschiefer am 29. Juni 1757 offiziell unter dem Namen Johannes verliehen wurde. In den folgenden Jahren wurden einige Zentner Schiefer gewonnen, doch der Absatz war unregelmäßig und der Betrieb kam immer wieder zum Erliegen.
Um die Grube wiederzubeleben, gründete sich 1798 eine Gewerkschaft mit über einhundert Teilhabern (256 Kuxe). Viele Anteilseigner besaßen nur ein bis zwei Kuxe; die Gemeinde UWB hielt sogar 16 Anteile. Ihre Hoffnung auf profitablen Abbau erfüllte sich jedoch nicht: Der neu angetroffene Schiefer war von minderer Qualität, stichig und farblich wenig attraktiv. Daher entschloss man sich, den Tagebau zu erweitern und in den Tiefbau überzugehen.
Stollenbetrieb
Der Stollenvortrieb begann 1799, schritt aber nur langsam voran. Anstelle des erhofften hochwertigen Schiefers stießen die Bergleute bald auf einen Eisenerzgang. Spezialisten aus dem Harz wurden angeworben, um dem Gang in mühsamer Handarbeit mit Schlägel und Eisen zu folgen. Doch das geförderte Erz fand in den umliegenden Hütten kaum Verwendung – es galt als nicht rein genug. So wurde der Vortrieb bereits im Juni 1800 eingestellt. Bis Ende 1809 gewann man im kleinen Tagebau noch geringe Schiefermengen, dann kam der Betrieb endgültig zum Stillstand.
Vor Ort – Tagebau, Stollen und Tonnenschluf
Als wir die Grube Johannes erreichten, erblickten wir zunächst die Halde vom unteren Wanderweg aus. Nach einem kurzen Aufstieg standen wir schließlich im überwucherten Tagebau. Wenige Meter weiter fanden wir linker Hand das ehemalige Stollenmundloch, in dem ein von Altbergbau-Befahrern angelegter Tonnenschluf lag – eine seltene Art von Eingangsverwahrung, die wir eher aus dem Siegerland oder dem Teutoburger Wald kennen. In Thüringen war diese Form für uns völlig neu. Mit Helm und Geleucht ausgerüstet krochen wir hinein und gelangten bald in einen kleinen, aber beeindruckenden Bereich des Bergwerks. Vor über 200 Jahren hatten Bergleute hier in feinster Handarbeit einen sauber geschlägelten Stollen vorgetrieben – ein stilles Zeugnis ihrer Mühe und ihres handwerklichen Könnens. Trotz seiner geringen Größe lohnt die Grube Johannes den Besuch für jeden Montanhistoriker und Altbergbau-Fan.
Glück Auf aus Thüringen!
Zusatzinformationen: Das Thüringer Schiefergebirge
Die Grube Johannes liegt im geologischen Umfeld des Thüringer Schiefergebirges, einer der bedeutendsten Mittelgebirgslandschaften Deutschlands.
Dieses Gebirge: besteht überwiegend aus Devon- und Karbonschiefern, Grauwacken und Quarziten, ist Teil des Variszischen Gebirgssystems, das vor rund 300–400 Millionen Jahren entstand, wurde im Laufe der Zeit stark verfaltet, aufgefaltet und erodiert, beherbergte über Jahrhunderte vielfältige Bergbauaktivitäten: Schiefer, Eisenerz, Kupferkies, Alaunschiefer und Manganerze wurden in zahlreichen kleinen Gruben gewonnen. Besonders prägend ist der dunkle, feinkörnige Dach- und Griffelschiefer, der viele Gebäude in Thüringen, Hessen und Bayern deckt und früher zur Herstellung von Schreibgriffeln genutzt wurde. Das Gebiet um Deesbach liegt im Südwestteil des Gebirges, wo dünne Schieferflöze an die Oberfläche treten und so kleine historische Abbaustellen wie die Grube Johannes ermöglichten.


