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U-Verlagerung Pomuschel

 

Die U-Verlagerung Pomuschel war ein kleines, aber typisches Beispiel für die unterirdische Verlagerung kriegswichtiger Produktion im Zweiten Weltkrieg im Raum Gera. Unter U-Verlagerung (Untertage-Verlagerung) verstand man die Verlegung von Rüstungs- und Zulieferbetrieben in Stollen, Bergwerke oder neu angelegte unterirdische Anlagen, um sie vor alliierten Luftangriffen zu schützen.


Die Anlage „Pomuschel“ befand sich im Bereich des Steinbruchs Zoitzberg bei Gera-Liebschwitz in Thüringen. Grundlage war ein bereits ab dem 18. Jahrhundert aufgefahrener Steinkohle-Versuchsstollen im Tonschiefer, der eine Länge von rund 160 Metern hatte.


Im Zuge der verstärkten Bombardierungen wurde dieser vorhandene Untertagehohlraum ab August 1944 in die Planungen des Rüstungsministeriums einbezogen. Vorgesehen war die Produktionsauslagerung mehrerer Geraer Werkzeugfabriken, darunter Paul Seifert, Robert Todt und Kurt Hässner, auf eine verfügbare Untertagefläche von etwa 1.200 m². Unter dem Decknamen Pomuschel sollten dort vor allem Drehfutter und Spannwerkzeuge gefertigt werden typische Präzisionsprodukte für den Maschinen- und Werkzeugbau. Parallel dazu plante die Maschinenfabrik Moritz Jahr K.G. in Gera-Liebschwitz den Ausbau des Bereichs zu einer größeren Luftschutzanlage. Am 14. November 1944 wurde ein Bauantrag für drei Luftschutzstollen mit jeweils bis zu 60 Metern Länge gestellt, die am 4. Dezember 1944 genehmigt wurden.


Der Ausbau erfolgte unter hohem Zeitdruck und wie bei vielen U-Verlagerungen mit polnischen Kriegsgefangenen als Arbeitskräften. Die begonnenen Stollen wurden noch vor Kriegsende als öffentliche Luftschutzstollen für die Anwohner genutzt; belegt ist ihre Nutzung unter anderem bei Luftangriffen im Februar und April 1945.Der Deckname „Pomuschel“ folgt dem damaligen System von Tarnnamen für U-Verlagerungen: Viele Decknamen waren geologisch, zoologisch oder sonst thematisch codiert. In den einschlägigen Verzeichnissen ist „Pomuschel“ der Gruppe der geologischen Bezeichnungen zugeordnet, obwohl der Ausdruck sprachlich an den niederdeutschen Begriff für Dorsch („Pomuchel/Pomuschel“) erinnert. Ein Beispiel dafür, dass das offizielle Vergabeschema in der Praxis nicht immer konsequent umgesetzt wurde.

Wie bei zahlreichen kleineren U-Verlagerungen blieb auch „Pomuschel“ im Ausbaustadium weit hinter den ursprünglichen Planungen zurück. Ein regulärer Produktionsbetrieb im großen Stil ist nach heutigem Forschungsstand nicht mehr nachweisbar; die Anlage diente vor allem als Luftschutzraum und vorbereitete Lagerstollen für eine Produktion, die kriegsbedingt nicht mehr vollständig anlief. Nach 1945 wurden die hölzernen Ausbauten und Einbauten („Ausstattung/Auszimmerung“) entfernt, Teile des Stollens verfielen oder stürzten ein. Heute ist der ursprüngliche Ausbauzustand nicht mehr erhalten; die verbliebenen Hohlräume gelten als einsturzgefährdet und sind, wie alle derartigen Altanlagen, kein gesicherter oder legaler Aufenthaltsort. Man kann Vorort nur noch die ehemaligen Stollen erahnen außer bei einem sieht man noch die bombensichere Vermauerung.

Die U-Verlagerung Pomuschel ist damit ein Beispiel für die spät einsetzenden, oft nur teilweise realisierten Verlagerungsprojekte im mitteldeutschen Raum: Sie zeigt, wie vorhandene bergbauliche Strukturen wie hier ein alter Steinkohlestollen im Steinbruch Zoitzberg in kürzester Zeit für Rüstungszwecke umgeplant, mit Zwangsarbeit ausgebaut und gleichzeitig als Luftschutz für Zivilbevölkerung und Betriebe genutzt wurden.