U-Verlagerung Unze
Die Marienhöhle in Friedrichroda, das heutige Schaubergwerk Marienglashöhle, wurde im Sommer 1944 vom Reichsministerium für Rüstung und Kriegswirtschaft beschlagnahmt und als Untertage-Verlagerung für die Gothaer Waggonfabrik vorgesehen. Der Umbau begann offiziell am 19. September 1944 und lief unter der Baunummer 418. Die Anlage erhielt den Decknamen „Unze“, einen Münznamen, der entgegen der üblichen Decknamenssystematik gewählt wurde, eigentlich hätten Bergwerke Fischbezeichnungen tragen müssen. Ziel war der Aufbau eines bombensicheren Presswerks für die Produktion von Tragflächensegmenten der Focke-Wulf Ta 152, die als Hochleistungsjäger zu den schnellsten propellergetriebenen Flugzeugen des Zweiten Weltkriegs gehörte.
Die unterirdischen Hallen der Marienhöhle wurden vollständig betoniert, die Belüftung erneuert, Schmalspurgleise verlegt und die Räume für Maschineninstallationen angepasst. Anfang 1945 umfasste die fertiggestellte Produktionsfläche rund 8.000 Quadratmeter. Maschinen und Pressen waren nach kompliziertem Abbau im Hauptwerk und Transport in den Berg bereits untertage montiert. Trotz des baulich abgeschlossenen Zustandes kam es jedoch nicht mehr zur Aufnahme der Serienproduktion. Die bis zu 14 Meter breiten und 5 Meter hohen Montagehallen blieben ohne Betriebsgeräusche und ohne Arbeiter zurück.
Tatsächlich arbeiteten ausschließlich 185 Zwangsarbeiter aus Polen, Rumänen, Italien und Frankreich aus dem Außenlager Waltershausen des KZ Buchenwald in der U-Verlagerung. Sie übernahmen unter extremen Bedingungen den Umbau der Stollen, betonierten Sohlen und Pfeiler, richteten die Wetterhaltung ein, bauten die Pressen auf, verlegten Kabel und Schienen, litten unter Hunger, Gewalt und Erschöpfung – für eine Produktion, die nie beginnen sollte.
Das zugrunde liegende Bergwerk selbst besitzt eine lange Geschichte: Bereits seit dem 18. Jahrhundert wurde die Marienhöhle zur Gewinnung von Gips und Anhydrit genutzt. Die dabei entdeckten, außergewöhnlich klaren Marienglas-Kristalle machten sie im 19. Jahrhundert weit über Thüringen hinaus bekannt und führten später zur Umwandlung in ein Besucherbergwerk. Ihre geologischen Besonderheiten darunter große Gipslager, kristalline Hohlräume und typisch thüringische Anhydritformationen prägen das Schaubergwerk bis heute.


